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Bildungsgebühren sind der falsche Weg

Pressemitteilung AStA der TU Darmstadt vom 05.05.2006

Bildungsgebühren sind der falsche Weg

Informationen des AStA der TU Darmstadt zu den Plänen der Hessischen Landesregierung uns mit Studiengebühren zu beglücken

Die hessische Landesregierung hat heute offiziell bekannt gegeben allgemeine Studiengebühren ab dem 1. Semester einführen zu wollen. Der AStA der TU Darmstadt wirft der Landesregierung Wortbruch, und Inkompetenz in bildungspolitischen Fragen vor. „Das wird der Untergang der CDU-Regierung in Hessen sein“, so der AStA der TU Darmstadt.

Wir alle wollen uns und unseren Kindern das größtmögliche Maß an Bildung zukommen lassen. Ein hoher Bildungsgrad ist für jeden Einzelnen Schlüssel zum Erfolg und ein hohes Maß an Bildung stellt gleichermaßen eine für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft wichtige Voraussetzung dar. Jeder und jedem das größtmögliche Maß an Bildung zukommen zu lassen muss allgemeines Ziel sein und ist unser Ziel. Daher hat jede und jeder ein Recht auf Bildung – ohne zusätzliche Bedingungen. Dieses Recht zu garantieren und einzulösen ist gesellschaftliche Aufgabe – in unserem Gemeinwesen staatliche Aufgabe. Wie verträgt es sich aber mit diesem Ziel, für einen Teil des Bildungssystems Gebühren zu verlangen und welche Auswirkungen hat das?

Studieren ist auch heute nicht kostenlos. Als Studierender zahlt man jedes Semester bereits einen Beitrag von knapp 200 Euro für Leistungen rund um das Studium. Hinzu kommen die Kosten für Lern- und Lehrmaterial und die Lebenshaltungskosten.
Studieren ist aber eine Vollzeittätigkeit, für die man kein Geld bekommt. Wovon leben die Studierenden also heute? Entweder sie werden durch ihre Eltern finanziert oder sie stecken weniger Zeit und Energie in ihr Studium um zu arbeiten, was immer Auswirkungen auf die Studienergebnisse und Studiendauer hat. Bereits jetzt müssen 60% der Studierenden für ihren Lebensunterhalt arbeiten.

Allgemeine Studiengebühren, die während des Studiums zu zahlen sind, verteuern das Leben während des Studiums und führen somit zu einer Verschärfung der finanziellen Situation der Studierenden. Wer derzeit gerade so über die Runden kommt, könnte ein gebührenpflichtiges Studium also nicht mehr finanzieren. Das formulierte Ziel jeder und jedem so viel Bildung wie möglich zukommen zu lassen wäre verfehlt, mit allen persönlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen. Diese Studiengebühren sind nicht sozialverträglich. Sie sind der falsche Weg.

Nach dem von der Hessischen Landesregierung favorisierten Modell nachgelagerter Studiengebühren, also ein Kreditmodell, in dem die Gebühren während des Studiums anfallen und über einen Kredit finanziert werden, der erst nach dem Studium zurück zu zahlen ist, haben keinen direkten Einfluss auf die finanzielle Situation der Studierenden während ihres Studiums. Den Absolventen geben sie aber eine schwere Hypothek mit auf den Weg in ihr weiteres Leben. Sie haben mit Zinsen viele Tausend Euro Schulden zurückzuzahlen. Statt von ihrem Gehalt in den ersten Jahren oder auch Jahrzehnten etwas Beiseite legen zu können, eine Familie gründen und Versorgen zu können oder die ersten finanziellen Schritte Richtung Wohneigentum gehen zu können, müssen sie ihren Studienkredit tilgen. Ausgenommen natürlich man kommt aus einem Elternhaus, dass das Studium samt Gebühren finanzieren konnte und auch finanziert hat. Dann hat man nicht nur keinen Kredit zu tilgen, sondern es hat sich auch gar keine Zinslast angesammelt. Oder etwas plakativer gesagt: Kinder reicher Eltern zahlen insgesamt weniger als Kinder armer Eltern. Ist das gerecht? Berücksichtigt das die wirtschaftliche Lage der Studierenden im Sinne der Hessischen Verfassung? Sicher nicht. Da nicht alle AkademikerInnen als Chefarzt, Star-Anwalt, Deutsche Bank-Vorstandsmitglied oder Staatsminister arbeiten werden und sie in aller Regel vor dem Studium nicht wissen, wie gut oder schlecht sie nach dem Studium einmal verdienen werden oder ob sie zunächst eine Zeit der Arbeitslosigkeit überbrücken müssen, kommt bei dem Kreditmodell auch ein erhebliches Risiko auf Studienanfänger zu. Das Argument, dass die Krankenschwester mit ihren Steuern, das Studium des zukünftigen Chefarztes finanziert ist auch nicht haltbar. Akademiker zahlen im laufe ihres Lebens durch ihre höheren Steuern alles zurück, womit sie sich also sozusagen selber finanzieren. Da Abiturienten mindestens genauso intelligent sind, wie alle anderen Menschen, werden sie sich zweimal überlegen, ob sie das Risiko eines kreditfinanzierten Studiums wagen wollen oder nicht. Wenn es unser Ziel ist, allen das größtmögliche Maß an Bildung zukommen zu lassen, ist es dann richtig, Studieren riskant zu machen? Es ist sicher sinnvoller, mit der Entscheidung für ein Studium verbundene Risiken abzubauen. Nachgelagerte Studiengebühren wirken also kontraproduktiv auf die eigentlichen Ziele von Bildungspolitik und benachteiligen Familien mit kleinem Geldbeutel. Ihre Einführung ist der falsche Weg.

Es kommt also nicht auf den Zahlungszeitpunkt an, wen Studiengebühren am stärksten treffen und für wen sie das formulierte Recht auf Bildung einschränken, sondern auf die Gebühr an sich. Die beste Gebühr ist somit gar keine Gebühr.

Ein besserer Weg?
Die Hochschulen in Hessen sind unterfinanziert, es gibt insgesamt zu wenig Studienplätze, die Studienbedingungen sind mäßig und wenn man das verbessern will, ist dazu Geld notwendig. Neben der Einführung von Ausgleichszahlungen auf Bundesebene (Landeskindermodell), die für eine gerechtere Finanzierung sorgen, ist die Antwort auf die Frage, woher man das Geld nehmen soll eine denkbar einfache: Aus Steuermitteln. Dass die Steuereinnahmen insgesamt zu niedrig sind war politisch gewollt und offensichtlich falsch. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers das zu ändern.

Im letzen Absatz haben wir mal stillschweigend angenommen, Studiengebühren sollten der Verbesserung der Hochschulen dienen. Das ist sicher ein schönes Märchen, aber mehr nicht und für unsere Ablehnung von Studiengebühren auch irrelevant. Weil es aber immer wieder behauptet wird, wollen wir auch dazu Stellung nehmen. Abgesehen davon, dass die Mittel sowieso nicht ausreichen würden, damit alles plötzlich gut wird an Hessens Hochschulen, kann es gar keine Garantie für einen solchen Verbleib von Mitteln an den Hochschulen geben. Und der Wert einer Aussage von Herrn Corts lässt sich den folgenden Zeilen entnehmen:

Udo Corts zu Langzeitstudiengebühren in der FAZ vom 28.04,2003:

„Damit nicht der Anschein erweckt wird, daß sich der Finanzminister damit refinanziert, sollen die Gebühren in einen Stipendienfonds fließen. Er soll leistungsstarken, überdurchschnittlich qualifizierten Studenten die Möglichkeit geben, frei von der üblichen Jobberei ihr Studium schneller durchzuziehen und vielleicht auch einmal einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren.“

FAZ:Ist es Ihr Fernziel, Studiengebühren für alle einzuführen?

„Das sehe ich zur Zeit noch nicht. Solange wir eine Finanzierung so wie jetzt, aus normalen Steuermitteln, hinbekommen, halte ich es nicht für erforderlich. Ich weiß nicht, ob wir irgendwann in die finanzielle Zwangslage kommen. Wenn wir den Hochschulpakt so fortschreiben können wie bisher, besteht die Gefahr nicht.“

„Richtig Herr Corts: Studiengebühren sind eine Gefahr für das Bildungsland Hessen! Genauso wie Sie und Ihre Landesregierung!“, so der AStA der TU Darmstadt.

News Author: 
AStA TU Darmstadt