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Tagung- Zur Aktualität des Faschismus

Tagung mit zwei Panels am 9. September 2023 in der Oetinger Villa in Darmstadt. Beginn ab 12 Uhr, bis ca. 17 Uhr. In einer ersten Diskussionsrunde werden dabei aktuelle Formen von Autoritarismus und faschistischer Mobilisierung diskutiert, also zunächst eine sozial-psychologische Perspektive eingenommen. Ein zweites Panel soll danach auch auf eine politische Ökonomie des Faschismus im 21. Jahrhunder zu sprechen kommen, d.h. das Zusammenwirken von Massenbewegung, Ideologie und Kapital beleuchten.

Programm:
12:00 - 14:00: Die Gegenwart des Autoritarismus. Panel mit Charlie Kaufhold und Ayline Heller.

15:00 - 17:00: Zur politischen Ökonomie des Faschismus heute. Panel mit Tomasz Konicz und Oliver Schlaudt.

Ab ca. 20 Uhr findet ein Konzert der Raccoons Darmstadt statt - bleibt also gerne noch bis in die Nacht!

 

Zur Aktualität des Faschismus

Was ist gemeint, wenn von Faschismus gesprochen wird? Und lässt sich der Begriff für ein Verständnis der Gegenwart nutzen, ist es vielleicht sogar unerlässlich vom Faschismus zu sprechen, wo die Krisen der neoliberalen Ära um sich greifen?

Faschismus hat unterschiedliche Dimensionen – Herrschaftsform, Ideologie, Bewegungsform – ist eine Haltung, die die Welt erklärt, und politischer Kampfbegriff. Zentral ist all dem ein binäres Schema, das von einer Ungleichheit der Menschen ausgeht und entsprechend Spaltungen wie auch Hierarchien produziert und legitimiert. Dazu kommen nicht zuletzt eine Affinität zur Gewalt, mythologisches Denken und ausgeprägter Autoritarismus.

Autoritäres Denken ist also ein zentrales Moment faschistischer Vergemeinschaftung. Hier treffen sich eine gewalttätige Haltung und die Vorstellungen einer sozialen Ordnung die notwendig ein Oben und ein Unten kennt. Im ersten Themenblock sollen aktuelle Erscheinungsformen des Neofaschismus und Autoritarismus aus Perspektive der empirischen Sozialwissenschaften und psychoanalytischen Sozialpsychologie beleuchtet werden. Ayline Heller wird aktuelle Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus-Studie vorstellen und auch auf neue Formen von autoritären Dynamiken in Folge der COVID-19 Pandemie eingehen. Charlie Kaufhold wird psychoanalytisch-sozialpsychologische Erklärungsansätze darstellen, insbesondere mit Blick auf die aktuelle Forschungsarbeit zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU). Darüber hinaus werden transgenerationale Folgewirkungen des Nationalsozialismus rekonstruiert und erörtert, inwiefern diese relevant sind für das derzeitige Erstarken von neurechten Gruppierungen, Strömungen und Parteien. In diesem Kontext soll auch die Frage diskutiert werden, welche Erkenntnisse sich mit Blick auf diese Entwicklungen durch die Verbindung von empirischer Sozialforschung mit psychoanalytischer Sozialpsychologie gewinnen lassen.

Ein weiterer Aspekt des faschistischen Bewegungen bezieht sich auf die strukturellen Momente der kapitalistischen Vergesellschaftung Der ausgeprägte Hass auf die Arbeiterbewegung und deren egalitäres Programm, nicht zuletzt der aktive Kampf gegen diese, verband diverse faschistische Bewegungen mit Kapital und politischer Herrschaft. Und auch die Vorstellung einer Krisenlösung als Bekämpfung politisch unliebsamer Parteien und bestimmter sozialer Gruppen sorgte immer wieder für ein fragiles aber eben auch aggressives Bündnis von Elite, Kleinbürgertum und Teilen der Proletarisierten. Diese Momente der politischen Ökonomie des Faschismus sollen in einem zweiten Block mit Tomasz Konicz und Oliver Schlaudt auf die Gegenwart des 21. Jahrhunderts bezogen und diskutiert werden – nicht zuletzt unter Rückgriff auf die Faschismustheorie Sohn-Rethels und die Frage nach Klassenbasis wie auch Kapitalfraktionen heute.

Zuletzt: Notwendig ist diese Beschäftigung, weil der Faschismus oder faschistische Ansätze eine reale Gefahr für viele Menschen darstellen. Deshalb geht es uns um eine antifaschistische Haltung, die sich nicht auf die moralische Verurteilung faschistischer Äußerungen beschränkt, sondern die Bedingungen und Voraussetzungen dieser reflektiert und verändert. 

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