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Peter Euler: Bildung ist mehr und anderes als Verwertbarkeit! Über die Notwendigkeit einer gesellschafts- und selbstkritischen Pädagogik

Mittwoch, 28. November 2018 - 18:30 bis 20:00
Ort: 
Altes Hauptgebäude Hochschulstraße 1, 64289 Darmstadt Raum- und Gebäudenummer: S1|03/ 221

Angesichts der Kapitalisierung aller Gesellschaftsbereiche ist auch die Pädagogik bzw. das Bildungssystem insgesamt und zunehmend betroffen, aber eben ihrem genuinen Charakter gemäß auf besondere Weise.

Bereits vor der neoliberalen Wende unterliegt das bürgerliche Bildungssystem dem „Widerspruch von Bildung und Herrschaft“ (H.-J. Heydorn). Die Integration in die bürgerliche Gesellschaft sollte, und das war ihr historisch neuer Anspruch, durch allgemeine Bildung erfolgen, d.h. durch Einsicht und Erkenntnis - also die Entfaltung der Vernunft - aller Gesellschaftsmitglieder und damit auch als Bedingung von Demokratie. Doch mit dem „Übergang zur bürgerlichen Herrschaftsgesellschaft“ (G. Koneffke) unterliegt auch das Bildungswesen zunehmend den Imperativen politischer und ökonomischer Herrschaftsinteressen. Bildung, auch die vielbeschworene des Humanismus, war nie frei von Widersprüchen durch bürgerliche Interessen, aber sie repräsentierte noch immer die Idee einer „Gesellschaft von Freien und Gleichen“ (Th. W. Adorno). 

Die Realität des Bildungssystems der letzten Dezennien unterliegt immer schärfer dem „Diktat der Ökonomie“ (J. Krautz) und ist durch zwei Tendenzen charakterisiert: Einerseits vom quantitativen Ausbau des Bildungssystems (immer früher, immer mehr, immer länger) und andererseits von der Etablierung einer neoliberalen Bildungsvorstellung, die den „Bildungsbetrieb“ systematisch in seiner Substanz untergräbt.

Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer kritischen Pädagogik in zweierlei Hinsicht: 

Pädagogik kann ihrer Theorie und Praxis nur noch gesellschaftskritisch gerecht werden und sie ist hat zudem  – und das verlangt erhöhte Anstrengung – zu realisieren, dass Kritik auch aufgrund der gesellschaftlichen Vereinnahmung von Kritik Selbstkritik einschließt, sowohl bezogen auf die Wissenschaft von Erziehung und Bildung als auch bezogen auf die in den Institutionen Handelnden.