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Pressemitteilung: Kompetenz statt Präsenz - Studierendenvertretung der TU Darmstadt fordert Klausursituationen ohne Infektionsgefahr

Trotz der aktuellen Covid-19 Fallzahlen und der sich verbreitenden Mutationen plant die TU Darmstadt Klausuren mit über 700 Teilnehmenden in Präsenz anzubieten. Diese Prüfungen sollen in der kommenden Woche beginnen und somit startet für viele Studierende auch die Zeit der Begegnungen im Semester. Durch inzwischen etablierte Online-Lehre und der Nutzung von alternativen Lehr- und Lernmethoden haben die allermeisten Studierenden ihre Zeit zu Hause vor dem Computer verbracht. Doch aus Sicht der Verantwortlichen für die kommende Klausurenphase soll sich das ändern, denn viele Prüfungen sollen in Präsenz stattfinden. Das Hygienekonzept, unter dem die Prüfungen stattfinden sollen, sei für die aktuelle Situation angemessen. Die Universität hofft dabei allerdings auf den besten Fall und hat keinen stichhaltigen Plan für den Umgang mit Infektionen. Das vom Gesundheitsamt bestätigte Hygienekonzept würde die Studierenden laut Universität ausreichend schützen. Der Fall einer Präsenzprüfung in Ansbach zeigt jedoch, dass auch ein Hygienekonzept knapp 100 Studierende nicht vor dem Verdacht einer Infektion schützt. Der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) fordert die Universität auf endlich ein langfristiges Konzept für die Prüfungen vorzulegen mit dem alle Mitglieder der Universität wirklich sicher sein können. 

Das Hygienekonzept der TU Darmstadt sieht zwar Abstand und Maskenpflicht während der Prüfung vor, jedoch fehlt es an Planung für die An- und Abreise von Studierenden. Vor allem derjenigen, die sich aufgrund der prekären Wohnungssituation in Darmstadt aktuell außerhalb aufhalten: "Ich muss ca 3-4 mal umsteigen. Normalerweise fahre ich 3,5 Stunden aber durch ein paar Baustellen nun 4 -5. Viele Kommiliton:innen, die ich kenne, werden aus z.B. Fulda, Marburg, Kassel etc. für Klausuren anreisen." erklärte ein:e Studierende:r dem AStA per Nachricht. Da die TU Darmstadt nicht die einzige Universität ist, die mit Präsenzklausuren plant, bedeutet das eine erhöhte Auslast des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, der gerade bei längeren Reisen schnell zum Corona-Express wird. 

Außerdem gibt es zahlreiche ausländische Studierende, die gar nicht erst einreisen dürfen und somit nicht einmal die Möglichkeit haben teilzunehmen. Zusätzlich eine proktorierte Onlineprüfung anzubieten löst dieses Problem auch nicht, denn viele Studierende verfügen nicht über die geeigneten Bedingungen, wie beispielsweise eine stabile Internetverbindung, um einen einwandfreien Ablauf zu garantieren.

Durch das Festhalten am aktuellen Konzept kommt es, anders als erwartet, nicht zu der Planungssicherheit, die mehr denn je von den Studierenden gesucht wird. Gibt es einen Kontakt mit Infizierten in Prüfungssituationen, kann das für viele ähnlich ausgehen wie in Ansbach und im schlimmsten Fall können geplante Klausuren nicht geschrieben werden, da diese oft eng getaktet sind. In einer offenen Sprechstunde für Studierende des Vizepräsidenten für Lehre und Diversität hieß es auf Nachfrage von Studierenden, dass es aufgrund des Hygienekonzepts kein Infektionsrikio gäbe. Statt den Studierenden einen Plan aufzuzeigen, wurden diese beschwichtigt und ihre Ängste nicht ernst genommen. Auf Nachfrage des AStA erklärte die Uni, dass im Falle einer Infektion nicht automatisch alle Studierenden der Prüfung informiert werden würden. Auch auf weitere Fragen der Studierenden gab es keine konkreteren Antworten.

In einem offenen Brief kritisieren die Fachschaften der TU Darmstadt genau diese Situation: "Hinsichtlich der konsequenten Umsetzung der Online-Lehre der TU Darmstadt zum Schutz der Studierenden sowie der Empfehlungen zu Homeoffice der Bundesregierung, erscheint es grundsätzlich fahrlässig, zur Klausurenphase eine gegebenenfalls mehrfache Anfahrt an den Campus und den Aufenthalt von zahlreichen Studierenden im Innenbereich zu erwarten." In Darmstadt ist eines der zentralen Impfzentren in Hessen. Dass gleichzeitig zu den Impfungen gegen das Virus im gleichen Gebäude Präsenzprüfungen stattfinden, ist unverantwortlich. Die Universität ist sehr lange auf Sicht gefahren und hat keine langfristige Planung für die Durchführung der Prüfungen. Die Möglichkeit andere Prüfungsformen zu nutzen besteht nun seit knapp vier Wochen. Aber anscheinend hat diese Änderung bei weitem nicht alle Prüfenden erreicht und nur wenige haben eine Änderung der Prüfungsform angekündigt. Andere Prüfungsformen würden es ermöglichen, die Studierenden ohne große Begegnungen zu prüfen. Warum diese nicht regulär flächendeckend genutzt werden, ist für den AStA nicht nachvollziehbar. 

Der AStA kritisiert die kurzfristige und leichtsinnige Strategie der Universität. Er sieht keine andere Möglichkeit für Klausuren, welche nicht rechtzeitig in ein geeignetes Format umgewandelt wurden, als einen weiteren, spätergelegenen Termin anzubieten. Auf diese Art haben die Lehrenden die nötige Zeit ihre Prüfungen pandemiegerecht zu gestalten und den Studierenden eine sichere Prüfungsmöglichkeit zu bieten. Der AStA fordert das Präsidium auf, für die kommenden zwei Semester einen Plan für die gesamte Universität und die Prüfungen vorzulegen, der ohne Präsenzklausuren auskommt. Abschließend noch ein Ausschnitt eines anonymen Nutzers in einem Forum der TU Darmstadt: "Was ist es für ein Bild, wenn Hunderte von Studierenden an einem Impfzentrum vorbei Richtung Prüfung laufen? Ist dies ein Zeichen von guter Reflexion, wo wir doch in einer so prekären Lage sind? Ist dies das Zeichen, dass man als hoch angesehene Universität während einer globalen Pandemie setzen möchte?"