Back to top

Die Wissenschaft ohne Wert. Zur Kritik der Volkswirtschaftslehre - JustIn Monday

Aufzeichnung: 
Mittwoch, 9. Juli 2014 - 18:30
Ort: 
Schlosskeller

Referent: JustIn Monday

Da Wissenschaftskritik gleichbedeutend ist mit der Erschütterung herrschender Selbstverständlichkeiten mit dem Ziel ihrer Abschaffung,
scheint eine solche an der Volkswirtschaftslehre bzw. an den Wirtschaftswissenschaften derzeit überflüssig. Keine andere Wissenschaft
dürfte im öffentlichen Ansehen momentan tiefer rangieren als diese. Seit sich heraus gestellt hat, das ihre ProtagonistInnen nicht in der Lage
waren, der 2007/2008 offenbar gewordenen fundamentale Krise des Kapitalismus auch nur ansatzweise zu begegenen, ist die Enttäuschung
groß. Nicht nur das „Vertrauen in die Märkte“ ist mit der Krise geschwunden. Mit ihr hat auch das Vertrauen in das Wissen ihrer
Verfechter von Berufs wegen deutlich Schaden genommen.

Gleichzeitig ist der Bedarf an ökonomischer Expertise aber größer denn je. Irgendwie muss der Laden ja wieder in Gang gebracht werden. Weil das
Publikum nur bereit ist, sich seine eigene gesellschaftliche Existenz als geldbesitzende Arbeitskraft vorzustellen, erscheint ihm die
Entwertung von Arbeit und Geld, die aus dem Vollzug der Krise resultieren, als Drohung. Die Erschütterung herrschender
Selbstverständlichkeiten, die sich im Verlust des Vertrauens in die Wirtschaftswissenschaften ausdrückt, ist also ohne jede kritische
Absicht zustande gekommen. Entsprechend irrational ist die Demut, die den ExpertInnen in den Talkshows und in den Tageszeitungen entgegen
gebracht wird. So klammern sich die gesellschaftlichen Subjekte gerade an solche Momente des volkswirtschaftlichen Wissens, in denen die
gesellschaftliche Form der kapitalistischen Sachzwänge ohne jede Beziehung zu ihrer unmittelbaren Realität zu voraussetzungsloser
Ewigkeit verklärt wird. Dadurch wird die akademische Disziplin als Wissenschaft aber erst recht wertlos, weswegen es nicht die Ökonomie,
sondern der Staat ist, der der herrschenden Sehnsucht nach stabilem Sachzwang Geltung verschaffen soll.

Wie also hat in einer solchen Situation eine Kritik der Volkswirtschaftslehre auszusehen, die dem Gegenstand ihrer Kritik nicht
nur für den prozessierenden Unsinn verspottet, den sie produziert, sondern ihr auch ihre konstruktive Beteiligung am herrschenden Elend
vorwerfen kann? Um diese Frage zu klären, wird es neben einer ideologiekritischen Betrachtung der Grundzüge des volkswirtschaftlichen
Denkens um die Bedeutung gehen, die Nationalökonomie, Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftswissenschaften in der Geschichte
der bürgerlichen Gesellschaft hatten.