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Studierendenparlament spricht sich gegen den am 5.-7. Okt in Darmstadt stattgefundenen Akademikertag aus

Auf der letzten Sitzung des Studierendenparlaments am 11.Nov haben sich die gewählten Vertreterinnen und Vertreter gegen den Akademikertag ausgesprochen und sich klar gegen Burschenschaften positioniert. Dazu wurde folgende Resolution verabschiedet.

Resolution zur Stupa-Sitzung am 11.11.2010

I. Das Studierendenparlament möge folgende Resolution beschließen:

1. Auflösung des Korporiertenwesens
Das Studierendenparlament der TU Darmstadt bekräftigt die kritische Position des Allgemeinen Studierendenausschusses zum Korporiertenwesen. Es spricht sich daher gegen Veranstaltungen, wie den am 5. - 7. November stattgefundenen „Akademikertag“ des Convents Deutscher Akademikerverbände aus, in dessen Rahmen in der Orangerie in Darmstadt der „Rhein-Main Kommers“ stattfand.

Das deutsche Korporiertenwesen ist gekennzeichnet durch ein völlig unzeitgemäßes, elitäres Selbstverständnis, welches etwa im Lebensbundprinzip seinen Ausdruck findet.
Studentenverbindungen sind keine Freundeskreise. Sie nehmen aufgrund von Herkunft oder politischer Gesinnung für sich ein „Wir sind besser als andere“ in Anspruch und leiten daraus einen Führungsanspruch unter ihresgleichen in Politik und Wirtschaft ab. Gefestigt wird das System durch teilweise erniedrigende Aufnahmerituale, von Befehl und Gehorsam geprägte
interne Verhaltensregeln (Comment) und Karrierenetzwerke, über die alte Herren ihre jungen Bundesbrüder an die richtigen Stellen hieven. Nicht zu vernachlässigen ist dabei ein oft aus dem Elternhaus mitgebrachter und im Verbindungswesen ausgebauter und gefestigter Habitus, der ein gegenseitiges (an)erkennen unter Korporierten und unterscheiden von Nicht-
Korporierten unterstützt. Das Verbindungswesen ist ein wesentliches Standbein im Beharrungsvermögen gesellschaftlicher Eliten.
Leider sind die Werte der Aufklärung am deutschen Verbindungswesen vorbeigegangen. Man messe nur seine Funktionsweise an Kants kategorischem Imperativ („Handle so, dass die Maxime deines Handelns jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung
gelten könne.“).

Die gesellschaftspolitische Rückständigkeit des Korporiertenwesens zeigt sich zudem im Rollenverständnis der Geschlechter und der Ausgrenzung von Fremden. Es gibt nach wie vor viele Verbindungen, die keine Frauen aufnehmen. Es gibt nach wie vor Verbindungen, die keine Ausländer aufnehmen. Und es gibt nach wie vor Verbindungen, die nur Personen
aufnehmen, die Wehrdienst geleistet haben.

Das Studierendenparlament kritisiert zudem die mangelnde Abgrenzung des
Verbindungswesens gegen rechtsextreme Tendenzen in Verbindungen der Deutschen Burschenschaft aufs Schärfste.

In der Konsequenz empfiehlt das Studierendenparlament der TU Darmstadt dem CDA, wie auch all seinen Mitgliedsverbänden und den ihnen angehörigen Verbindungen ihre sofortige Auflösung.

2. Mangelndes Geschichtsbewusstsein Darmstädter Verbindungen

Speziell die Darmstädter Verbindungen leiden zudem an mangelndem Geschichtsbewusstsein, wie zuletzt die Diskussion über das Korporiertenwesen am 27.10. im Schlosskeller gezeigt hat. Verbindungen definieren sich ja gerade über ein historisch gewachsenes Selbstverständnis. Die Unkenntnis unter aktuellen Mitgliedern über die (leider oft unrühmliche) Rolle der eigenen Verbindung in der deutschen Geschichte und die mangelnde
Bereitschaft sich damit auseinander zu setzen ist erschreckend und bezeugt den Widerspruch zwischen Selbstanspruch (Elite, Führung, Wertegemeinschaft) und Wirklichkeit.

Ein Darmstädter Verbindungsstudent zu diesem Thema: „Wir müssen studieren, wie sollen wir uns da mit der eigenen Vergangenheit beschäftigen? Dafür ist keine Zeit.“

Das Studierendenparlament der TU Darmstadt fordert daher alle Darmstädter
Verbindungen auf, ihre Vergangenheit (vor ihrer Selbstauflösung) kritisch aufzuarbeiten.

3. Die unrühmliche Rolle der FDP beim „Rhein-Main-Kommers“

Leif Blum war als FDP-Landtagsabgeordneter auf der Veranstaltung am 6.11. in der Orangerie. Wer es mit dem FDP-Begriff von Freiheit ernst meint (und diesen verstanden hat), würde heutzutage nie so plump die Nähe von Studentenverbindungen suchen, da er deren Verständnis von Eliten und Elitenbildung ablehnen müsste. Das lässt Rückschlüsse auf den
Intellekt und die Beweggründe dieses Politikers zu. Es ist zu vermuten, dass Leif Blum seiner Partei auch nur aus Karrieregründen und zum eigenen Vorteil angehört.

Das Studierendenparlament der TU Darmstadt verurteilt die Anwesenheit von Leif Blum auf dem Rhein-Main-Kommers und legt ihm Nahe, sich einmal mit der Wertebasis seiner Partei auseinanderzusetzen und von all seinen politischen Ämtern zurückzutreten

Als zuständiger Dezernent trägt Dierk Molter (FDP) die Verantwortung für die politischen und finanziellen Folgen der Veranstaltung.

News Author: 
sebastian