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Studiengebühren: Aktueller Stand der Dinge

Groß war die Freude, als am Dienstag großspurig verkündet wurde, die Studiengebühren seien parlamentarisch abgeschafft wurden. Doch stattdessen kommen wir vom Regen in die Traufe.

<strong> Was ist passiert?</strong> <br>
Der Gesetzentwurf von SPD und Grünen wurde aufgrund der Anhörung, der Ausschussberatungen und eines Schreibens des Wissenschaftsministeriums zwischen der 1. und 2. Lesung an mehreren Stellen verändert. Dabei ist ein entscheidender Satz - wohl durch einen technischen Übertragungs- oder Kopierfehler - versehentlich rausgefallen. Peinlicher geht es nicht. Es handelt sich um Artikel 1 des Gesetzentwurfes, der sich auf das Hess. Studienbeitragsgesetz bezieht.
Mit dem Gesetz wurden zwar die Darlehen, nicht aber die Studienbeiträge abgeschafft. Mit Bezug auf Art. 59 Hess. Verf. (!) erklärte Koch damit den Gesetzentwurf als verfassungswidrig. Formal ist das richtig, man muss nicht mehr in den Krümeln suchen. Fakt ist aber auch, dass der geschäftsführenden Landesregierung der Sachverhalt spätestens bei der 2. Lesung bekannt war. Weder der Ministerpräsident Koch noch die zuständige Ministerin (die in der Debatte redete) haben darauf aufmerksam gemacht oder eine dritte Lesung beantragt. Das hätten sie tun müssen. Stattdessen haben sie bis Donnerstag abgewartet, die Regierungserklärung kam völlig überraschend. Das Parlament bzw. die parl. Mehrheit sollte vorgeführt werden.
<strong> Wie geht es weiter?</strong> <br>
Ganz formal gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste wäre, dass Koch keinen Widerspruch einlegt und das Gesetz einfach nicht unterschreibt. Dann müsste das Gesetzgebungsverfahren (1. Lesung, 2. Lesung, evtl. Ausschussberatung) von neuem beginnen. Das wäre vor den Sommerferien nicht zu schaffen. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Regierung binnen fünf Tagen nach Art. 119 Hess. Verf. Einspruch gegen das Gesetz einlegt und es in einer dritten Lesung beraten wird.
Im Ältestenrat wurde verabredet, dass die geschäftsführende Regierung am Montag zusammentritt und formal Einspruch gegen das Gesetz einlegt. In einer schriftlichen Begründung wird sie die Gründe dafür benennen. Damit wird eine dritte Lesung des Gesetzentwurfs nötig. Bis dahin werden die notwendigen Änderungen in den Gesetzentwurf eingearbeitet.
Die dritte Lesung findet auf der Sondersitzung des Landtages am 17. Juni statt. Danach hat die gesch. Landesregierung keine Möglichkeit mehr Einspruch einzulegen, wenn Ihre Einspruchsgründe berücksichtigt wurden.
<strong> Verfassungsklage</strong>
Am Mittwoch, den 11. Juni, entscheidet der hessische Staatsgerichtshof über die eingebrachte <a href="/www.verfassungsklage-bildung.de"> Verfassungsklage</a> . Wird festgestellt, dass Studiengebühren nicht verfassungskonform sind, kann evtl. neben dem totalen Aus der Erhebung auch mit einer Rückzahlung gerechnet werden.
<strong> Die Demonstration am Mittwoch-Abend in Frankfurt (siehe Flyer auf der Startseite) ist wichtig, vor allem vor dem Hintergrund des Koch'schen Demokratieverständnisses.</strong> Es ist richtig, formal falsche Gesetzentwürfe nicht zu unterschreiben. Diesen peinlichen Fehler der SPD, Grünen und Linken allerdings für seine eigene politische Strategie zu nutzen, um im Sessel zu bleiben, ist politisch schlechtester Stil, dafür aber intelligent. Man kann dieses Spiel sehr leicht durchschauen, auch wenn die Staatskanzlei dementiert. Aber Koch <a href="http://fr-aktuell.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/?em_cnt=134... schielt auf die Europawahl</a> im Juni nächsten Jahres. Bei einer Wahl wie der Europawahl, wird tendenziell mehr rechts gewählt, was diesen Zeitpunkt zu einem idealen Datum einer Landtagswahl macht. Die SPD ist demontiert durch diesen peinlichen Fehler, Koch steht als der große Saubermann und gerissener Stratege dar. Es lässt sich vermuten, dass er das Staatsgerichtshofurteil kennt, und deswegen ruhigen Gewissens diesen Eklat suchte. Zeigen wir am Mittwoch, dass es uns stinkt, aber so richtig!.

News Author: 
Dirk Völlger