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Staatsgerichtshof urteilt für Studiengebühren

AStA bezweifelt die Urteilsfähigkeit von sechs Richtern des Staatsgerichtshofs

Der hessische Staatsgerichtshofs hat heute, nach knapp viermonatiger Beratungszeit, eine denkbar knappe Entscheidung über die Verfassungsklage gegen das Studien“beitrags“gesetz gefällt. Mit sechs gegen fünf Stimmen wurde das Gesetz für verfassungskonform erklärt.
Die hessischen ASten haben zusammen mit Gewerkschaften schon vor Verabschiedung des Gesetzes wiederholt auf die Verfassungswidrigkeit hingewiesen. Nach der dritten Lesung des Gesetzes im September 2006 wurde im November die Verfassungsklage in die Wege geleitet. Bis Ende Juni 2007 wurden mehr als 78000 Formulare gesammelt und damit die benötigte Grenze von 43308 deutlich übertroffen. Neben der Verfassungsklage von ASten und Gewerkschaften hatten auch die Fraktionen der SPD und Grünen Klage eingereicht.
Der Allgemeine Studierendenausschuss der TU Darmstadt sieht das heutige Urteil als Schlag gegen die Bildungsfreiheit an.
Der Staatsgerichtshof folgt in seiner Begründung der Argumentation der ehemaligen CDU-Regierung, dass Art. 59 Abs. 1 Satz 1 der Hessischen Verfassung zwar ein soziales Grundrecht sei, welches aber ausgestaltet werden darf. Weiterhin sieht er die Darlehen als ausreichendes Mittel an, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Studierenden zu ermöglichen. „Wenn Kredite die Möglichkeit bieten wirtschaftlich
leistungsfähig zu sein, warum dann nicht alle Sozialleistungen abschaffen und gegen Kredite ersetzen“, empört sich Alexandra Poth, hochschulpolitische Referentin. „Wenn man dieser grenzwertigen Argumentation weiter folgen würde, dürfen ab sofort Arbeitslose oder Kranke einen Kredit aufnehmen, den sie, sobald sie wieder etwas verdienen, zurückzahlen müssen“, so Poth weiter.
Weiter beruft sich der Staatsgerichtshof darauf, dass durch die Verfügbarkeit der Darlehen für jedermann ein Zustand entsteht, der der Unentgeltlichkeit aus Satz 1 gleichsteht. „500 Euro im Semester sind 500 Euro, wie man hieraus einen Zustand dichten kann, der der Unentgeltlichkeit gleichsteht, ist mir unbegreiflich“ so Michael Heister, Öffentlichkeitsreferent des AStA. „Vielleicht sollten die entsprechenden sechs Richter nächstes Mal einen Duden konsultieren und das Wort 'unentgeltlich' nachschlagen, bevor sie Entscheidungen dieser Tragweite treffen“, so Heister weiter.
Auch die sozialen Kritikpunkte der Antragsteller schloss der Staatsgerichtshof aus. Darlehen hätten keine negativen Auswirkungen auf sozial schwächere Studierende und würden niemanden benachteiligen oder vom Studium abhalten. „Die Studierendenzahlen, vor allem von ausländischen Studierenden, sind spürbar zurückgegangen, die in Anspruchnahme von Urlaubssemestern hat sich verdreifacht und auch die Erstsemesterzahlen sind, gemessen am Prozentsatz der Abiturientendie ein Studium aufnehmen, gesunken. Wie man diese deutlichen Zeichen nicht als negative Reaktionen auf Studiengebühren deuten kann, ist mir unerklärlich“, erklärt Sebastian Braun, Sozialreferent des AStA.
Der AStA zeigt sich erfreut über das Sondervotum der fünf gegen das Gesetz stimmenden Richter. „Die abweichende Meinung von fünf Richtern zeigt eindrucksvoll, dass die Entscheidung von sechs Richtern des Staatsgerichtshofs nichts anderes war als ein parteipolitisches Spielchen. Liest man beide Entscheidungen, so erscheint nur eine davon logisch und nicht gezwungen, und das ist die abweichende Meinung der fünf Richter“, erbost sich Oliver Bernasconi, ebenfalls hochschulpolitischer Referent.
„Wir werden weiterhin für das Recht der momentanen und künftigen Studierenden kämpfen und prüfen selbstverständlich, ob das letzte Wort auf dem rechtlichen Parkett gesprochen wurde“, erklärt Bernasconi weiter.
„Dies könnte ein weiterer heißer Sommer werden“, prophezeit Braun abschließend.

News Author: 
Michael Heister