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Die Pläne für einen Massenaustausch der Bevölkerung sind längst geschrieben – Rassismus und (struktureller) Antisemitismus als blinde Flecken der Populismusforschung | Leo Roepert

Donnerstag, 9. Mai 2019 - 18:30 bis 20:00
Ort: 
Altes Hauptgebäude Hochschulstraße 1, 64289 Darmstadt Raum- und Gebäudenummer:S1|03/ 123

Die akademische Debatte um das gegenwärtige Erstarken der extremen Rechten wird bisher stark von den Politikwissenschaften geprägt. Zentral ist dabei der Begriff des Rechtspopulismus, durch den AfD, FPÖ und Co. als eine Ausprägung des allgemeinen Phänomens Populismus interpretiert werden. Einer weithin geteilten Definitionzufolge unterscheidet der Populismus zwischen einem homogenen reinen Volk, das er zu repräsentieren beansprucht, und einer korrupten Elite, die er für gesellschaftliche Missstände verantwortlich macht. Diese Elitenkritik wirdhäufig als unmittelbare Reaktion auf Entwicklungen wie die „postdemokratische“Vereinheitlichung des Parteiensystems oder die Zunahme sozialer Ungleichheitinterpretiert. Was dabei ausgeblendet wird, sind die wahnhaften Elemente des rechten Elitenbildes. Eine nähere Betrachtung zeigt, dass der Elite nicht nur falsche politische Entscheidungen und Lügen vorgeworfen werden. Ihr wirddarüber hinaus unterstellt, von einem geradezu metaphysischen bösen Willengetrieben auf die Vernichtung des eigenen Volkes hinzuarbeiten. Auch das zweitezentrale Feindbild des gegenwärtigen rechten Diskurses, die als Eindringlingeimaginierten „Fremden“ (Muslime, MigrantInnen), wird in der Populismusforschungkaum theoretisch reflektiert. 

Der Vortrag gibt im ersten Teil einen kritischen Überblick über zentrale Begriffe, Befunde und Erklärungsmuster der Populismusforschung. Dabei soll herausgearbeitet werden, dass der Rassismus und die paranoiden Elemente des Elitenbildes in empirischer, vor allem aber in theoretischer Hinsicht blinde Flecken darstellen, obwohl es sich um die zentralen Bestandteile des „rechtspopulistischen“ Weltbildes handelt. In einemzweiten Teil soll gezeigt werden, wie die beiden zentralen Feindbilder – die Elite und die „Fremden“ – in einem umfassenden Untergansszenario zusammengeführt werden: Migration erscheint als eine Waffe in den Händen der allmächtigen Elite, die gezielt dazu genutzt wird, die geplante Zerstörung des Volkes in die Tat umzusetzen. Neben manifest rassistischen Zuschreibungen greift diese Erzählung, wenn es um die Beschreibung der Elite geht, auf antisemitische Stereotype und Bilder zurück, was es rechtfertigt, von einem strukturellen Antisemitismus des rechten Elitenbildes zu sprechen.

 

 

Leo Roepert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg und forscht zu Rassismus, Autoritarismus und Rechtspopulismus.