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Ringvorlesung: Dystopie ohne Ende? Zukunft ohne Utopie

Auch im Wintersemester 2014 wird es eine Ringvorlesung organisiert vom AStA der Tu Darmstadt geben, diesmal zum Thema Utopie:

Die Zeit der utopischen Ideen ist lange abgelaufen. Sowohl die Idee des Kommunismus, als Vereins freier Menschen, als auch des Liberalismus, in dem Eigennutz zum Gemeinwohl führen soll, machen sich lächerlich angesichts der Geschichte und Lebenswirklichkeit. Allein die Vorstellung der Utopie begleitet heute zumeist etwas anrüchiges. Im besten Fall gelten Utopien als naiv, im schlimmsten Fall als Rattenfängerei und Priestertrug, getrieben von wahlweise eigennützigem Interesse oder dogmatischen Ambitionen.

Anders nun als solche Märchengeschichten erfreuen sich düstere Zukunftsvisionen einer doch ungebrochenen Beliebtheit, insbesondere gerade dort, wo die Flucht aus dem Alltag gesucht wird. Sind sie die der Soundtrack zum Untergang?

Zugleich entspannend und berauschend, entführen sie in eine Welt der letzten Überlebenden und Einzelkämpfer, in der morgens kein Wecker klingelt und abends kein sicheres Bett wartet. Und im Gegensatz zu allen Skizzen des besseren Morgens scheinen diese Bilder in ihrer Drastik oft weit realistischer. Es wirkt, als wäre hier das Gegenteil von Walter Benjamins Geschichtsbegriff realisiert: Statt einer Bemächtigung der Vergangenheit im Sinne ihrer Aufhebung hin zur besseren Zukunft verspricht eben jene Zukunft der Gegenwart ihren Untergang. Nach dem Fall des Realsozialismus scheint kein Ende der Vorgeschichte mehr auf, nur ihre Verewigung. Die Beseitigung noch jeglicher Hoffnung auf die Realisierung einer vernünftig eingerichteten Welt wird vollendet durch die Gewöhnung an allerlei Barbarei (Hunger,(Staats-)Terror, Umweltzerstörung usw.) und ihre anscheinend schicksalhafte permanente Verschärfung.

Was bedeutet es nun für eine Gesellschaft, wenn selbst die absurdesten Konstruktionen ihres Unterganges – von intelligenten Affen, über unbekanntes extraterrestrisches Leben bis hin zu mordenden Banden von Untoten – Szenarien vermitteln, die dem eigenen Empfinden der Gegenwart weit näher sind, als der Versuch einer Einrichtung der Gesellschaft nach vernünftigen Maßgaben (letzteres eine schon fast beschämend anmaßende Formulierung)? Wie kommt es, dass eine kulturindustrielle Flucht aus der Realität eine in den Abgrund ist – ein Abgrund wohlgemerkt, der in den realen Ereignissen der Moderne mit ausgiebigem Bildmaterial versorgt wird und der das Publikum mit kaum einer Grausamkeit verzückt, die nicht auch schon Realität gewesen wäre?

Die Vorträge finden jeden Mittwoch im Schlosskeller statt. Dabei wird der Einlass um 18:00 Uhr sein und um 18:30 Uhr pünktlich begonnen.

05.11.14
Peter Seyferth
Utopie! Bedeutungen und Entwicklungen eines streitbaren Begriffs, illustriert anhand von Beispielen


19.11.14
Hannes Bode
Utopie und Wirklichkeit der Menschenrechte


03.12.14
Andreas Rauscher
"The Future is Unwritten? - Utopische Entwürfe und Dystopische Skepsis in der neueren Science-Fiction" !!!
[Einlass: 20:30 Uhr; Beginn: 21:00]!!!


17.12.14
Olaf Kistenmacher
Sozialismus und Zionismus - zwei widerstreitende Utopien


07.01.15
Burghard Schmidt
Experimentell offenes Zukunftsbild gegen bloße Zukunftsintention. Theodor W. Adorno und Ernst Bloch in Auseinandersetzung um Kritische Theorie wie Utopie


21.01.15
Felicitas Reuschling
Domestic Utopias- Eine feministische Geschichte kollektiver Wohnutopien im 20.Jh.

04.02.15
Bini Adamczak und Guido Kirsten
If...then...else. Historische Potentiale, konkrete Utopien, mögliche Transformationen

Bei Fragen zu den einzelnen Vorträgen oder dem Inhalt allgemein, könnt ihr auch gerne eine E-Mail schreiben.

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