Kritik der Soziologie - Gerhard Stapelfeldt
Kritik der Soziologie
Referent: Gerhard Stapelfeldt
Die Soziologie, die Wissenschaft vom logos der societas, verhält sich paradox zu ihrem Gegenstand: sie untersucht gesellschaftliche Phänomene und Strukturen, indem sie gesellschaftliche Verhältnisse voraussetzt. Daher ist ihr nicht der Geist des Widerspruchs, sondern der Geist der Anpassung und des Autoritarismus immanent.
Um im allgemeinen zu bestimmen, was Soziologie sei, ist ihre Entstehung als Fachwissenschaft im frühen 19. Jahrhundert nachzuzeichnen. Daraus ergeben sich nicht nur die Differenzen von Sozialphilosophie und Gesellschaftstheorie einerseits, Soziologie andererseits, sondern auch die beiden grundsätzlich unterschiedenen Richtungen der Soziologie als Naturwissenschaft („soziale Physik“) einerseits und als Geisteswissenschaft andererseits. Max Weber hat um 1900/1920 versucht, diese beiden Richtungen zusammenzuführen: in einer sinnverstehenden Soziologie, die geschichtstheoretisch die Genese der politischen Gesellschaft als „Gehäuse der Hörigkeit“ vorführt.
Prof. Dr. Gerhard Stapelfeldt lehrte von 1979 bis 2009 am Institut für Soziologie der Universität Hamburg