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Vortrag mit Alex Gruber: Postmoderne Seinslehre – Über die Unmöglichkeit poststrukturalistischer Gesellschaftskritik

Mittwoch, 10. Februar 2016 - 18:30
Ort: 
Altes Hauptgebäude der TU Darmstadt in Raum S103/23

Postmoderne Seinslehre – Über die Unmöglichkeit poststrukturalistischer Gesellschaftskritik

Unter scheinbarem Bezug auf Theodor W. Adornos Fetischkritik schreibt Judith Butler in ihrer „Kritik der ethischen Gewalt“: „Mit dem Inhumanen lässt sich auch die Art und Weise bezeichnen, wie gesellschaftliche Kräfte in uns sich einnisten und es uns unmöglich machen, uns selbst in Begriffen des freien Willens zu definieren. Schließlich bezeichnet das Inhumane die Art und Weise, in der die soziale Welt so auf uns übergreift, dass wir um uns selber gar nicht mehr wissen können.“ Was auf den ersten Blick wie ein Anschluss an Adornos Kritik an der antagonistischen, übermächtigen und den einzelnen als verselbständigt gegenüber auftretenden gesellschaftlichen Objektivität klingt, ist von Butler jedoch gar nicht kritisch gemeint, sondern als affirmative Aussage über die „vor-ontologische Struktur“ der Individuen, aus der sie die Folgerung einer „Dekonstruktion des Menschlichen“ ableitet.

Der Poststrukturalismus postuliert eine durch die différance bzw. den Anderen konstituierte „Nichtfreiheit am Ursprung unserer selbst“ (Butler), welche die Kategorie des Subjekts als Halluzination ausweise, die ihrem wohlverdienten Tod zuzuführen sei. So grotesk es für ein Denken ist, das von sich selbst behauptet, die Überwindung metaphysischen Philosophierens zu sein, von „vor-ontologischen“ Beziehungen zu sprechen, die den ontologischen oder narrativen Beziehungen vorausgehen und die Subjekte ihrer grundlegenden "Vor-Ursprünglichkeit" (Derrida) überführen, so aberwitzig ist es, wenn dieses Denken, das mit Foucault gegen den „marxistischen Humanismus“ und dessen Vorstellung eines von seinem „eigentlichen Wesen“ entfremdeten Menschen angeht, den Tod einer „falschen“ Subjektivität fordert, weil diese der Dezentriertheit am „Ursprung unserer selbst“ nicht gerecht wird. Die metaphysische Spitzfindigkeit und die theologischen Mucken, von denen die Kategorien der poststrukturalistischen Theoriebildung geprägt sind, bilden den Inhalt dieses Vortrags.