Stephan Voeth Nov 6 2015 - 4:03pm
Hessische Studierendenschaften kritisieren die Gesetzesvorlage der Bundesregierung als unzureichend
Am heutigen Donnerstag, dem 05.11.15 berät der Bundestag erstmals über die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Das Gesetz regelt die besonderen Vorschriften zur Befristung von Arbeitsplätzen an Hochschulen in Deutschland. Die Landes-Asten-Konferenz Hessen (LAK Hessen) sieht in der Regierungsvorlage wenig konkrete Verbesserungen für Angestellte und massive Einschnitte für Studierende.
Seit der Einführung des WissZeitVG im Jahr 2007 hat die Befristungspraxis in der Wissenschaft massiv zugenommen. Arbeitsverträge von unter einem Jahr sind zur Regel geworden und unbefristete Stellen sucht man vergebens an deutschen Hochschulen. ,,Die Befristungen haben ein Ausmaß erreicht, mit dem zur Einführung des WissZeitVG niemand gerechnet hat. Die Große Koalition hätte mit der aktuellen Novelle die Chance für echte Verbesserungen zu sorgen. Stattdessen legt sie einen Gesetzesvorschlag mit lauter vielen kleinen Schritten, aber wenig konkreten Maßnahmen vor.", erklärt Konstantin Korn, hochschulpolitischer Referent des AStA der Philipps-Universität Marburg.
Die LAK Hessen begrüßt zwar den Vorschlag der Regierung, nach dem die sachgrundlose Befristung von nicht-akademischem Personal, welches durch Drittmittel finanziert wird, nicht mehr gestattet werden soll. Demgegenüber hat die Einführung einer bundesweiten maximalen Befristungsdauer für studentische Hilfskräfte verheerende Konsequenzen. Diesen Punkt der Vorlage kritisieren die Studierenden besonders scharf. "In einigen Studiengängen ist ein Job außerhalb der Hochschule nur schwer mit dem eigentlichen Studium vereinbar. Wer in der finalen Phase des Studiums dann noch zur Jobsuche gezwungen wird, für den bedeutet eine solche Obergrenze einen massiven Einschnitt in die eigene Lebensplanung. Dies geschieht vor allem dann, wenn durch die Arbeitsstelle der eigene Lebensunterhalt finanziert wird. An der TU Darmstadt sind das davon über 55% der Studierenden betroffen.", so Armin Alizadeh, hochschulpolitischer Referent des AStA der TU Darmstadt.
Viele der sonstigen Änderungen am Gesetz gingen zwar in die richtige Richtung, seien aber nicht konsequent umgesetzt. Beispielsweise sei die Bindung der Befristung an eine Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung grundsätzlich sinnvoll. Ohne konkrete Definition von einer ,,Qualifizierung" ist dieser Vorstoß allerdings wertlos. Genauso verhält es sich mit dem Koalitionsvorschlag zur Dauer der Befristung, die nun ,,angemessen" zur angestrebten Qualifikation sein soll. Auch dieser Paragraph ist ohne Mindestvertragslaufzeiten oder konkreten, durch das Gesetz festgelegten, Zeiträumen zur Qualifikation keine wirkliche Verbesserung. Weiterhin unangetastet bleibt außerdem die sogenannte Tarifsperre. Die Tarifsperre verhindert, dass Befristungen zum Gegenstand von Tarifverhandlungen gemacht werden dürfen. Korn erklärt dazu:,,Angestellte müssen die Freiheit haben sich selbst zu organisieren und für gute Arbeitsverhältnisse zu kämpf
en. Dabei dürfen auch Befristungen kein Tabuthema sein. Die Tarifsperre muss ersatzlos gestrichen werden."
,,Arbeitsstellen und Karrieren in der Wissenschaft müssen für junge Menschen wieder attraktiv werden. Dazu braucht es Planungssicherheit statt Monatsverträge, Familienfreundlichkeit statt unbezahlte Überstunden und Selbstorganisation statt Tarifsperre. Das gelingt nur durch eine entschlossene Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Sinne der Beschäftigten und davon ist der Vorschlag der Bundesregierung weit entfernt.", so Alizadeh abschließend.