Stephan Voeth 3. Dezember 2014 - 14:04
In der Sonntagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. November 2014 stellt der Artikel „Waldschlösschen“ in großen Lettern einen diffusen Zusammenhang zwischen Pädokriminalität, Homosexualität und Schulaufklärung her. Daraufhin hat die vom Land Niedersachsen geförderte Akademie Waldschlösschen, eine gemeinnützige Einrichtung zur Fortbildung in Antidiskriminierungsarbeit, in der vergangenen Woche Beschwerde beim deutschen Presserat wegen Verleumdung eingereicht.[1]
Der AStA sieht mit Sorge, dass die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) in einer Reihe von Artikeln typische homo-, trans- und queerphobe Grundpositionen einnimmt, so bereits geschehen im Artikel mit der polemischen Schlagzeile „Sexualaufklärung in Schulen: Unter dem Deckmantel der Vielfalt“ vom 12. Oktober 2014, der selbigen Autorin. Ausführlicher Bericht bei queer.de [2].
Insbesondere der sich häufig wiederholende Kontext von Homosexualität und Pädokriminalität stellt eine Vorverurteilung aller sogenannten Betroffenen dar.
„Diese populistische Berichterstattung erschwert ehrenamtliche Antidiskriminierungsarbeit, da wir sowieso schon mit vielen Vorurteilen zu kämpfen haben!“, so Ioannis Karathanasis, Queer-Referent im AStA der TU Darmstadt. Daher begrüßt und unterstützt der AStA TU Darmstadt die Beschwerde der Akademie Waldschlösschen an den deutschen Presserat.
Der AStA der TU Darmstadt mahnt zu einem verantwortungsvollen Journalismus. Artikel der FAS, die Vereinfachungen und längst überwunden geglaubte Vorurteile begünstigen, die einen Zusammenhang zwischen Pädokriminalität und Homosexualität nahe legen, werden einer bundesweit vertriebenen Zeitung nicht gerecht. So ist die Rede von einer homosexuellen „Kaderschmiede“. Unter anderem wird wiederholt die falsche Behauptung aufgestellt, dass das Schulaufklärungsprojekt SchLAu, Sexualaufklärung betreibe. SchLAu stellt in einer öffentlichen FAQ daraufhin richtig, dass Sie nicht Sexualaufklärung betreiben, sondern Antidiskriminierungsarbeit leisten. Das stellte SchLAu NRW aber bereits in einem Leserbrief an die FAS im vergangenen Oktober fest [3]. Dazu Fabienne Pasternak, Queer-Referentin im AStA TU Darmstadt: „Wir arbeiten mit SchLAu Darmstadt zusammen, da wir das Projekt als Vorbild für Workshops an der TU Darmstadt sehen. Wir können auch aus eigener Erfahrung bestätigen, dass wir in der Akademie Waldschlösschen nie mit Pädokrimininalität oder ähnlichem konfrontiert wurden.“
Der AStA würde sich in Zukunft eine ausgewogene Berichterstattung wünschen, die die Diskussion mit unvoreingenommenen Argumenten und Stimmen voran trägt und nicht mit Stammtischparolen einfache Schlagzeilen produziert. Insbesondere eine differenzierte und verantwortungsvolle Berichterstattung, die auch auf sensible Opfer- und Diskriminierungsthematiken Rücksicht nimmt, sieht der AStA als Grundlage für jegliche journalistische Arbeit.
[1] https://www.waldschloesschen.org/news/detail.php?nid=381&callback=home
„Die Akademie Waldschlösschen hat beim deutschen Presserat gegen den Artikel der Frankfurter Allgemein Sonntagszeitung vom 23.11.2014 Beschwerde eingelegt, da er offensichtlich in vielfacher Hinsicht gegen den Pressekodex verstößt.“
[2] https://www.queer.de/detail.php?article_id=22757
„Bereits seit Wochen führt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ eine Kampagne dagegen durch, dass Homo- und Transsexuelle in Bildungsplänen der Bundesländer erwähnt werden. Dies wurde etwa als „Umerziehung der Gesellschaft“ und „Förderung von Kindesmissbrauch“ bezeichnet (queer.de berichtete).“
[3] http://www.schlau-nrw.de/upload/Leserbrief%20zum%20FAS-Artikel%20vom%2012.10.2014.pdf
„Mit großer Verwunderung haben wir den Artikel in unseren Netzwerken zur Kenntnis genommen. Frau Schmelcher verwechselt bewusst Sexualaufklärung mit Bildungsarbeit zu Themen von Diskriminierung und Akzeptanz bezogen auf Homo- und Transphobie. Die Autorin desinformiert so gezielt die Leserschaft.“